Endometriose
Die derzeit älteste bekannte Beschreibung des Krankheitsbilds ist die Promotionsschrift von Daniel Shroen im Jahr 1690. In dieser Promotionsschrift “Disputatio Inauguralis Medica de Ulceribus Uteri“ beschreibt er Klinik und Morphologie dieser Erkrankung.
Es wird sehr häufig als „forgotten disease“ bezeichnet. Ein Grund liegt sicherlich in der weitgehend unverstandenen Ätiologie sowie der schwierigen Diagnostik und Therapie dieser Erkrankung.
1860 beschreibt der Mediziner Mitbegründer der Wiener Medizinischen Schule Carl Freiherr von Rokitansky im „Zentralblatt der Gesellschaft der Ärzte in Wien“ das Krankheitsbild der Endometriose unter dem Titel „Über Uterusdrüsenneubildung in Uterus- und Ovarialsarkomen“
Die Endometriose ist häufiger, als vermutet: etwa 5% Prozent der geschlechtsreifen Frauen leiden unter dieser Krankheit, wobei deren Beschwerdegrad höchst unterschiedlich sein kann.
Die Endometriose ist nach den Myomen die zweithäufigste gutartige Erkrankung der Frau. Allein in Deutschland sind nach vorsichtigen Schätzungen über 1 Mio. Frauen von dieser chronischen Erkrankung betroffen. Ihre Inzidenz beträgt 40-60% bei Frauen mit Dysmenorrhoeund 20-30% bei subfertilen Frauen.
DEFINITION
Endometriose ist eine Erkrankung der {TOOLTIP:gebaermutter} und ihrer Gewebe. Sie ist definiert als das Vorkommen von Endometrium-ähnlichem Gewebe außerhalb des Cavum uteri.
Es handelt sich um Zellen, die zwar die zyklischen Veränderungen der Menstruationmitmachen, die aber mit der Gebärmutterschleimhaut nicht unbedingt identisch sein müssen. Diese Zellen benehmen sich so wie die »echte« Schleimhaut – sie imitieren sie. Der Grad der Beschwerden richtet sich nach dem Ort der Plazierung dieser Zelle innerhalb des Bauches.
Die Endometriose ist eine östrogenabhängige Erkrankung jungen Frau in der reproduktionsfähigen Alter, die vor allem um die Zeit der Menstruation Gewebsstoffe absondert. Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch ein inflammatorisches Peritonealmilieu mit den klinischen Symptomen Schmerz, Blutungsstörungen und Infertilität.
Gemeinsamkeit der meisten Endometriose-Formen: sie treten zur gleichen Zeit wie die Monatsblutung auf.
LOKALISATION
Die Endometriose siedelt sich bevorzugt am Bauchfell und am Eierstock an.
Die Ausbreitung der Endometriose kann unterschiedlich groß sein, von einigen wenigen Millimeter Durchmesser bis zu Handtellergröße, wenn sie nämlich das Bauchfell flächenhaft durchzieht.
Diese ausgedehnten Formen der Endometriose erzeugen die klassische Schmerzsymptomatik
Endometriose Lokalisation Ovar und Uterus
Sehr gerne nistet sich die Endometriose auch in Blase und Darm ein. Dieser Endometrioselokalisation entsprechend ist auch das Beschwerdebild- Schmerzen beim Urinieren begleitet gelegentlich sogar vom Blutaustritt aus der Harnröhre. Zumal die Endometriose des Darmes auch noch dramatische Symptome anzeigt: Zusätzlich zu den übrigen Beschwerden kommen starke Durchfälle, die oft schleimig und blutdurchsetzt sind.
Endometriose Lokalisation Blase Darm
Diese Krankheit findet man aber auch an völlig untypischen Stellen -in der Scheide gelegentlich um den Nabel, am Herzen oder in der Lunge.
ÄTIOLOGIE
Die Ätiologie und Pathogenese sind trotz intensiver Forschung bisher nur zum Teil geklärt.
Verschiedene Konzepte und Theorien zur Entstehung der Endometriose existieren, unter anderem die Transplantationstheorie von J.A. Sampson von 1924,die Metaplasietheorie von R. Meyer, die“endometriotic disease theory“ von P.H. Koninckx oder das Archimetrakonzept von G. Leyendecker.
Inzwischen sind sich die Experten einig, dass keine der Theorien allein die Entstehung einer Endometriose in ihren vielfältigen Formen erschöpfend erklären kann. Vielmehr scheint das Zusammenwirken verschiedener Faktoren wie genetische Disposition, endokrine, immunologische und mechanische/anatomische Faktoren zu Metaplasie, Implantation und Entstehung von Endometrioseimplantaten zu führen.
BESCHREIBUNG
Die Endometriose kann nodulär, vesikulär, polypös, plaqueartig, zystisch oder infiltrativ wachsen. Meist treten Kombinationen auf.
Eine Beschreibung der Endometrioseherde kann einen Anhalt für deren biologische Aktivität liefern, da rote Herde als aktiv, blauschwarze Herde als wenig aktiv und weiß-narbige Befunde als inaktiv gelten.
KLINIK
Zu den klassischen Leitsymptomen der Endometriose zählen zyklische oder chronische Unterbauchschmerzen, Dysmenorrhö, Dyspareunie, Darmsymptome, Dysurie, Sterilität/Infertilität, Blutungsstörungen und die auffällige Häufung »unspezifischer« Symptome. In vielen Fällen treten Kombination mehreren Symptome(Zeichen ) vor
I. Dysmenorrhö (Periodenschmerzen)
Beachtenswert ist die große Variabilität dieses schwer quantifizierbaren Symptoms: schmerzbedingte Ohnmachtsanfälle, Übelkeit/Erbrechen, Ausstrahlen in die Beine/den Rücken, Bettlägerigkeit, allgemeines Krankheitsgefühl. Die Symptome können einige Tage vor dem Einsetzen der Menstruation beginnen. Sie verstärken sich mit Blutungseintritt und halten eine variable Zeit danach an. Prämenstruelle Schmierblutungen, Hypo- bzw. Hypermenorrhöen sowie langes »Nachbluten« treten auf und können Ausdruck einer Adenomyosis sein.
II. Dyspareunie ( Schmerzen beim Koitus)
Eine stellungsabhängige Dyspareunie wird von vielen Patientinnen beim Befall des Bauchfells in seiner tiefsten Stelle( Douglas-Raum) beschrieben. Häufig findet sich in diesen Fällen ein endometriotischer Befall der Uterus Bänder . Die tiefe Infiltration der sakrouterinen Bänder, die Menstruation werden angegeben. Endometrioseherde und/oder Verwachsungen im Bereich des Blasendaches sowie die mögliche Irritation vegetativer Nervenfasern können die Ursachen sein
KINDERWUNSCH UND STERILITÄT
Schätzungen zufolge leiden rund 50% der infertilen Patientinnen an Endometriose (Mahmood u. Templeton 1991;Strathy et al. 1982). Die fortgeschrittene Endometriose stellt mit entsprechenden Veränderungen des inneren Genitales einen Infertilitätsfaktor dar, aber die Mechanismen, die dem unerfüllten Kinderwunsch bei der minimalen oder milden Endometriose zu Grunde liegen, sind subtil und werden in der Literatur kontrovers diskutiert.
Eine diagnostische bzw. operative Laparoskopie mit Prüfung der Tubendurchgängigkeit sollte mit der Patientin im Gesamtkonzept der Behandlung frühzeitig besprochen werden. |
THERAPIE
Nach heutigem Wissensstand sind die Ursachen der Endometrioseentstehung vielfältig. Und je mehr die Medizin über diese Krankheit weiß, desto differenzierter wird auch deren Behandlung.
Das Therapiekonzept von Patientinnen mit Endometriose ist immer ein individuelles Konzept.
Dabei müssen zum einen die Beschwerdesymptomatik, die Chronizität, die persönlichen Lebensumstände, die Lokalisation und der Schwere- und Aktivitätsgrad der Erkrankung berücksichtigt werden. Das Ziel ist die Lebensqualität der Betroffenen zu erhöhen.
Die Therapie gliedert sich in:
- medikamentöse Therapieansätze,
- komplementäre Behandlungsmaßnahmen
- chirurgische Behandlungsformen.
Endokrine Therapie
Ziele der systemischen hormonellen Therapie sind:
- Verkleinerung von Endometrioseherden ,
- Schmerzreduktion sowie
- Reduktion der Rezidivrate.
Der Wirkmechanismus der endokrinen Therapieansätze basiert zumeist in der antiöstrogenen Wirkung auf das Endometrium, die zu einer sekretorischen Umwandlung und Dezidualisierung des proliferierten Endometriums, gefolgt von der Atrophie des Endometriosegewebes, führen soll.w
Chirurgische Therapie
Die Endometriose ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich Hormonbehandlung und Operation einander ergänzen können. Reicht die Therapie mit den konservativen Massnahmen nicht aus, wird der Arzt die operative Therapie Optionen in Erwägung ziehen müssen. In den meisten Fällen kann dies schon während der diagnostischen Laparoskopie geschehen, weil durch die Schlüssellochchirurgie die Diagnose erstellt und sofort die Behandlung in Angriff genommen werden kann.
Aus Sicherheitsgründen schließt an eine chirurgische Behandlung eine hormonelle an. Vor allem dann, wenn der Wunsch der Frau nach einem Kind gegeben ist, wird der Erfolg der chirurgisch-hormonellen Therapie nach sechs Monaten durch eine erneute Bauchspiegelung überprüft.
Stellt der Operateur bei der Bauchspiegelung einzelne Herde fest, wird er eine Gewebsprobe entnehmen und sofort histologisch die Diagnose sichern lassen.
Durch die Bauchspiegelung können die Endometrioseherde erkannt und gleichzeitig auch verschorft werden.
Es müssen alle ursprünglich vorhandenen Endometrioseherde beseitigt sein, ansonst kann an eine Schwangerschaft nicht gedacht werden.
Die Wahl der Operationsmethode (laparoskopisch, abdominal, vaginal, kombiniert) hängt von der Ausdehnung der Erkrankung ab.
REZIDIVE
Die Endometriose ist eine chronische Erkrankung mit einer hohen Rezidivrate.
Die Schwierigkeit der Endometriose ist, dass es sich um eine somatisch-histologische Erkrankung handelt, deren klinisch bedeutsame Symptome wie der Schmerz, die Erschöpfung und Schwierigkeit bei der Realisierung eines Kinderwunsches maßgeblich durch psycho-soziale Faktoren mitbestimmt werden. |