Endometrium Carcinom
I. EPIDEMIOLOGIE UND RISIKOFAKTOREN
Das Endometriumkarzinom nimmt in der Inzidenz unter allen Malignomerkrankungen der Frau mit jährlich 142.000 Neuerkrankungen weltweit die 7. Stelle ein. Es finden sich regionale Unterschiede in der Häufigkeit des Auftretens, wobei Nordamerika und die westeuropäischen Länder mit einer altersstandardisierten Inzidenz zwischen 9,9 und 15,0 pro 100.000 Frauen jährlich an der Spitze stehen.
Das kumulative Risiko, bis zum 75. Lebensjahr an einem Endometriumkarzinom zu erkranken, wird in den USA als dem Land mit der höchsten Erkrankungsrate mit 1,7% angegeben. Die Erkrankungshäufigkeit nimmt mit steigendem Alter zu; der Gipfel der Erkrankung liegt zwischen 75 und 80 Jahren.
Jährlich sterben 42.000 Frauen weltweit an dieser Erkrankung; dies sind nur 1.9% aller krebsbedingten Todesfälle des weiblichen Geschlechts. Das mittlere 5-Jahresüberleben wird in den Ländern mit der höchsten Inzidenz zwischen 72% in Europa und 84% in den USA angegeben.
In Deutschland gibt es jährlich etwa 11.300 Neuerkrankungen (vierthäufigstes Malignom der Frau). Mit 2,7% aller krebsbedingten Todesfälle des weiblichen Geschlechts nimmt das Endometriumkarzinom in unserem Lande die neunte Stelle ein.
Es gibt zwei Typen von Endometriumkarzinomen – ein estrogenabhängiges (sog. Typ I-Karzinom) und ein estrogenunabhängiges Karzinom (sog. Typ II-Karzinom).
Als gesicherte Risikofaktoren in der Kanzerogenese insbesondere des Typ I- Endometriumkarzinoms gelten :
- die Langzeit-Einnahme von Estrogenen ohne Gestagenschutz,
- eine Hormontherapie mit einer kürzer als 12 Tage/Monat dauernden Gestagen-Gabe,
- ein metabolisches Syndrom mit Adipositas (Body mass Index von mehr als 25 kg/m2),
- ein Diabetes mellitus,
- ein PCO-Syndrom,
- eine lange Lebensphase mit Menstruationsblutungen,
- Nulliparität,
- ein Mammakarzinom in der Eigenanamnese,
- hohe Estradiolserumkonzentrationen (u. a. bei estradiol- bzw. androgensezernierenden Tumoren),
- eine Tamoxifen-Therapie .
Multiparität, Rauchen, körperliche Belastung, Kontrazeptiva-Einnahme und eine lebenslange sojareiche Ernährung senken das Risiko der Entstehung eines Endometriumkarzinoms.
Wichtiges hinweisendes Symptom auf ein Endometriumkarzinom ist die uterine Blutung bei postmenopausalen Frauen. Eine Variation der Intensität und Frequenz der Blutungen bei perimenopausalen Frauen ist ebenfalls verdächtig. |
II. DIAGNOSTIK
2.1 Früherkennung, Prävention
Ein generelles Screening durch endovaginale Ultraschalluntersuchungen und Zytologie ist bei asymptomatischen Frauen ohne Risikofaktoren ineffektiv.
Gezielte Früherkennungsuntersuchungen mit endovaginaler Sonografie und anschließender Endometrium-Biopsie sind möglicherweise sinnvoll für Hochrisikogruppen (Adipositas, Diabetes mellitus, bekannte Endometrium-hyperplasie, PCOS).
2.2 Diagnostik
Zur Abklärung jeder postmenopausalen Blutung und jeder Blutungsanomalie bei prämenopausalen Patientinnen mit einem von den im Abschnitt 1 genannten Risikofaktoren sind folgende Untersuchungen generell notwendig:
i. Gynäkologische Untersuchung zur Abklärung, ob die Blutung aus dem Uterus kommt und ob das Karzinom über den Uterus hinaus ausgedehnt ist. (Transvaginale Sonografie zur Beurteilung des Endometriums und zum Ausschluss anderer pathologischer Prozesse im Bereich des Beckens (Ovarialtumor, Tubenprozess).
ii. Bei postmenopausalen Patientinnen mit uteriner Blutung gilt eine einfache Endometriumdicke > 5 mm als suspekt . Bei postmenopausalen Patientinnen mit einer Hormontherapie (einschließlich SERM-Therapie) und bei prämenopausalen Patientinnen ist die alleinige Messung der Endometriumdicke diagnostisch nicht verwertbar.
iii. Hysteroskopie und fraktionierte Abrasio . Bei klinisch eindeutigem Karzinom kann auf die Hysteroskopie verzichtet werden.
2.3 Prätherapeutisches Staging
Seit 1988 gilt nach der FIGO-Klassifikation ein operatives Staging als verbindlich. Die operative Stadieneinteilung setzt eine Exploration des Abdomen mit Hysterektomie und beidseitiger Adnexstirpation sowie die pelvine und paraaortale Lymphonodektomie in den FIGO Stadien I und II voraus.
Zusätzliche prätherapeutische Untersuchungen
iv. Röntgen-Aufnahme des Thorax in 2 Ebenen
v. Abdominalsonografie zum Ausschluss einer Harnstauung und einer (seltenen) Metastasierung in die parenchymatösen Oberbauchorgane
vi. Der Nutzen einer Computertomographie oder Kernspintomographie des Abdomens sowie einer Positronenemissionstomographie (PET) im Staging ist nicht bewiesen
vii. Zystoskopie und Rektoskopie fakultativ zum Ausschluss eines Stadium IVa
3.3 Prognosefaktoren
Die Überlebens- und Heilungsraten hängen im Wesentlichen vom Tumortyp, dem Grading, der Lymph- und Blutgefäßinvasion, der Invasionstiefe in das Myometrium, einer Zervixinfiltration sowie vom Lymphknotenbefall ab.
III. THERAPIE
Behandlung der Endometriumhyperplasie
Prämenopausal kann bei Hyperplasien ohne Atypien, deren Karzinomrisiko zwischen 1-3% liegt, eine zyklische Gestagenbehandlung empfohlen werden
Bei Patientinnen mit PCO-Syndrom ist die Gabe eines oralen Kontrazeptivums sinnvoll. Ein hormonbildender Ovarialtumor sollte sonografisch und laborchemisch (FSH, Estradiol, Testosteron, ggf. Inhibin) ausgeschlossen werden. Nach 3 bis 6 Monaten ist eine Sonografie und bei Auffälligkeiten eine hysteroskopische Kontrolle einschließlich Abrasio erforderlich.
Postmenopausal kann nach Ausschluss iatrogener Faktoren (Hormontherapie) die Hysterektomie mit beidseitiger Adnexexstirpation erwogen werden, da ein estrogen- bzw. androgenproduzierender Tumor (auch ein Ovarialkarzinom) vorliegen kann oder aber bei Adipositas und metabolischem Syndrom mit der Entwicklung von atypischen Hyperplasien zu rechnen ist
Bei Hyperplasien mit Atypien ist prämenopausal bei Frauen mit abgeschlossener Familienplanung und bei postmenopausalen Frauen aufgrund des Karzinomrisikos von bis zu 30% eine Hysterektomie zu empfehlen Da die endgültige Untersuchung des Hysterektomiepräparates in ca. 20 – 40% ein invasives Karzinom zeigt, ist eine gleichzeitige Adnexektomie zu erwägen .
Bei Frauen mit Kinderwunsch und bei Patientinnen mit einem erhöhten Operationsrisiko ist ein konservatives Vorgehen unter den gleichen Voraussetzungen wie bei einem gut differenzierten endometrioiden Karzinom ohne Myometriuminfiltration (s. u.) möglich.
Die Gestagentherapie sollte bei Hyperplasien mit Atypien höher dosiert sein Möglich ist auch die Anwendung eines gestagenhaltigen IUPs .
Die Nebenwirkungen einer hochdosierten Gestagentherapie sind bei der Therapieplanung zu berücksichtigen. Ist die histologische Kontrolle nach 3 und 9 Monaten unauffällig, kann eine Schwangerschaft angestrebt werden. Bei noch nicht aktuellem Kinderwunsch sollte die Gestagentherapie unter sonografischer Kontrolle fortgeführt werden. Bei Persistenz und Progress der morphologischen Veränderungen oder bei Erfüllung bzw. Aufgabe des Kinderwunsches ist eine Hysterektomie zu empfehlen .
Operative Behandlung des Endometriumkarzinoms
Ein systematisches operatives Staging bestehend aus Hysterektomie mit Adnexexstirpation sowie pelviner und paraaortaler Lymphonodektomie ist für die meisten Frauen mit Endometriumkarzinom die entscheidende Basistherapie und ermöglicht den stadiengerechten Einsatz zusätzlicher adjuvanter Maßnahmen
Strahlentherapie des Endometriumkarzinoms
Primäre Strahlentherapie
Bei inoperablen Patientinnen besteht die Indikation zu einer primären Strahlentherapie. Diese besteht in der Regel aus einer kombinierten Tele-Brachytherapie . Eine alleinige Brachytherapie kann bei kleinen Tumoren, schwerwiegenden Zweiterkrankungen oder bei sehr alten Patientinnen durchgeführt werden.
Adjuvante Strahlentherapie nach Hysterektomie mit bilateraler Adnexexstirpation
In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass eine adjuvante stadien- und risikoadaptierte Strahlentherapie nach operativer Karzinom Sanierung das rezidivrisiko senkt.
Systemische Therapie
Adjuvante Therapie
Eine adjuvante endokrine Therapie mit Gestagenen hat keinen gesicherten Nutzen.
IV. REZIDIV, METASTASEN
Etwa 25% der Patientinnen mit Endometriumkarzinom (alle Stadien) erleiden im Verlauf ihrer Erkrankung ein Rezidiv bzw. Fernmetastasen. Dabei entfallen 17% auf die Vagina, 32% auf das Becken und 51% manifestieren sich als Fernmetastasen.
70 bis 90% der Rezidive treten in den ersten beiden Jahren nach Primärtherapie auf. Vaginale Rezidive sind einer kurativen Therapie zugänglich.
Bei früher Erkennung liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei 40 bis 50%.
Nachsorge und Rehabilitation
Nachsorge und Rehabilitation dienen der Sicherung des Heilerfolges und der Lebensqualität. Dabei ist eine symptomorientierte Nachsorge einer klinisch und bildgebenden Nachsorge nicht unterlegen.
Das frühzeitige Erkennen eines Lokalrezidivs ist wichtig, da ein kurativer Ansatz bestehen kann .Hingegen bedeutet der Nachweis von Fernmetastasen in den meisten Fällen den Übergang zur palliativen Situation.
Die Betreuung muss berücksichtigen, dass eventuelle Begleiterkrankungen den Schweregrad der kurz-, mittel- und langfristigen Therapienebenwirkungen nach einer OP und/oder perkutanen Radiatio sowie einer medikamentösen/zytostatischen Behandlung erhöhen können.